Er war Maler, Bildhauer, Architekt, Ingenieur, Maschinenbauer, Mechaniker, Erfinder, Unternehmer, Flugpionier, Magier, Astronom, Uhrmacher, Musiker, Instrumentenbauer, Mathematiker, Physiker, Anatom, Bioniker, Naturwissenschaftler und Philosoph.
Seit ich als Schüler mal im Kunstunterricht ein Referat über Leonardo da Vinci gehalten habe, bin ich fasziniert von diesem Menschen, der - obwohl Autodidakt - als einer der bedeutendsten Wissenschaftler und größtes Universalgenie aller Zeiten gilt. Die intensive Beschäftigung mit Leonardo war dann auch mit ausschlaggebend für meine Entscheidung, nach dem Abitur Kunst zu studieren, ständig nebenher Erfindungsideen auszuhecken und hierfür Patente anzumelden (ca. 20 Patenterteilungen), auch bei meinen Schülern die innovationsorientierte Kreativität gezielt zu fördern, sowie mich in Dutzenden von Vorträgen und Veröffentlichungen für eine verstärkte Kreativitätsförderung und diesbezügliche Umgestaltung unseres - nach wie vor in erster Linie auf Pauken und Selektion - ausgerichteten Schulsystems einzusetzen.
Geboren wurde Leonardo 1452 in einem kleinen Dorf in der Nähe der Kleinstadt Vinci - als uneheliches Kind. Seine Mutter war ein Bauernmädchen, sein Vater ein Notar.
Weltberühmt ist Leonardo vor allem als Schöpfer der "Mona Lisa" oder des Freskos "Das letzte Abendmahl". Sein Gemälde "Salvator Mundi", das am 16.11.2017 ein russischer Milliardär bei Christie`s in London versteigern ließ, erzielte die Rekordsumme von 450.312.500 Dollar, das sind umgerechnet etwa 381,6 Millionen Euro. Noch nie wurde bei einer Auktion so viel Geld für ein Kunstwerk bezahlt. Besitzer ist nun offensichtlich die Regierung Abu Dhabis.
Am 2.Mai 2019, dem 500.Todestag von Leonardo da Vinci, der auf Schloss Cos Lucé in Amboise (Frankreich) begraben ist, fanden weltweit zahlreiche Gedenkveranstaltungen statt.
Neben seiner Malerei hat sich Leonardo u.a. auch intensiv wissenschaftlich beschäftigt und ist dabei Fragen nachgegangen, wie z.B. "Wie kann man verhindern, dass ein Schiff nach einer Kollision sinkt?", "Wie genau bewegt sich das Wasser in einem Strudel?" oder "Wie funktioniert das menschliche Herz?" Seine Erkenntnisse in den verschiedensten wissenschaftlichen Disziplinen hat er in nicht weniger als 6.000 Manuskriptseiten festgehalten.
"Und, getrieben von meiner Neugierde, zog ich aus, die von der sinnenreichen Natur geschaffene Menge vielfältiger und eigentümlicher Formen zu betrachten."
(Leonardo da Vinci)
1994 erstand Bill Gates den Codex Leicester, eine Sammlung wissenschaftlicher Abhandlungen Leonardos, für 27,1 Millionen Euro und machte die Blättersammlung zum teuersten Buch der Welt.
Zu den wenigen Fächern, die mich in der Schule wirklich interessiert haben, zählte das Fach Biologie. So kann ich mich noch gut erinnern, wie faszinierend es immer war, Blütenstände von Pflanzen oder Kuhaugen zu sezieren und die dahintersteckenden Geheimnisse bzw. Funktionsweisen zu erforschen.
Schon Platon hat nämlich festgestellt: "Das Staunen ist der Anfang der Erkenntnis".
Leonardo hat sich diese unstillbare Neugierde bis ins hohe Alter bewahrt. Ich habe deshalb auch meine Schüler immer wieder ermuntert, neugierig zu sein und bei anstehenden Problemlösungen erst einmal nachzuforschen, ob die Natur im Laufe der Evolution nicht ohnedies bereits eine übertragbare praktikable Lösung entwickelt hat. Heute gibt es einen modernen Begriff dafür: Bionik - die Verbindung von Biologie und Technik.
Leonardo dürfte somit der erste Bioniker gewesen sein.
Mit seinen sehr genauen anatomischen, naturwissenschaftlichen und technischen Zeichnungen legte er den Grundstein für zahlreiche Entdeckungen und Erfindungen, die heute eine Selbstverständlichkeit für uns darstellen.
Mit seinen zahllosen neuen Ideen und Problemlösungen, die er in Form von Skizzen in Tausenden Notizbuchseiten festhielt, in Spiegelschrift erläuterte und in die er z.T. auch bewusst Fehler einbaute, um Plagiate zu erschweren (es gab ja noch keinen Patentschutz), war er seiner Zeit weit voraus, teilweise sogar um Jahrhunderte.
Einige Beispiele:
- Fahrrad
Der Forstbeamte Karl Drais gilt offiziell als Erfinder des Fahrrades. 1817 stellte dieser zum ersten Mal seine einspurige "Laufmaschine" (später Draisine genannt) vor.
In einem US-Patent von 1866 wurde dann erstmals ein Pedalkurbelantrieb beschrieben, der direkt an der Achse des Vorderrades einer Draisine wirkte.
Das heute gebräuchliche System mit der Tretkurbel zwischen Vorder- und Hinterrad wurde erst 1885 zur Standardkonstruktion für den Pedalantrieb des Fahrrads.
Dabei müsste m.E. die Geschichte der Technik in diesem Punkt eigentlich umgeschrieben werden, es sei denn, es handelt sich bei der erst 1970 entdeckten Skizze tatsächlich um eine Fälschung, wie oft behauptet wird: Die Erfindung des Fahrrades mit Pedalantrieb in der noch heute gebräuchlichen Form dürfte dann nämlich wohl Leonardo zugeschrieben werden und wurde demnach schon rund 400 Jahre früher gemacht. Davon ist zumindest Augusto Marinoni fest überzeugt, der sich mit den im Codex Atlanticus und Codex Madrid gesammelten Zeichnungen Leonardos intensiv auseinandergesetzt hat. Leider ist die entsprechende Originalzeichnung nicht mehr vorhanden. Es existiert davon nur noch eine schlecht zu Papier gebrachte Skizze, die vermutlich von Salai, einem damals etwa 13 Jahre alten Schüler von Leonardo, aus dem Gedächtnis gefertigt worden war. Diese entdeckte man zufällig, als man das Blatt von der Rückseite einer Leonardo-Skizze ablöste:
Auch ich habe mir nach einem Sturz schon mal etwas einfallen lassen auf dem Fahrradsektor - und zwar, wie man die Sicherheit bei Fahren mit einem Rennrad verbessern könnte.
Zusammen mit einem Freund habe ich dann die diversen Verbesserungsvorschläge zum Patent angemeldet:
Zu unserem Pech hatte jedoch kurz zuvor der japanische Konzern Shimano eine Patentanmeldung mit ähnlicher Zielsetzung eingereicht. Der Patentprüfer machte uns deshalb auch keine Hoffnung auf ein positives Prüfungsergebnis, obwohl sich unsere Lösungsvorschläge von der Shimano-Lösung wesentlich unterschieden und u.E. auch mehr Vorteile aufwiesen.
- Fallschirm
Die Entwicklungsgeschichte des Fallschirms, so wie wir ihn kennen, hat ihren Anfang 1783 mit einem Sprung des Franzosen Lenormand mit einem selbst konstruierten Fallschirm vom Turm des Observatoriums in Montpellier. Es gelang ihm unverletzt zu landen.
Auch Leonardo beschäftigte sich mit der Idee eines Fallschirms. Um 1483 skizzierte er einen Entwurf mit der Bemerkung: "Wenn ein Mann mit getränktem Leinen-Stoff ausgestattet ist, der auf jeder Seite eine Länge von etwa elf Metern und eine Höhe von etwa elf Metern aufweist, kann er von jeder beliebigen Höhe springen, ohne sich zu verletzen".
Die Leonardo zur Verfügung stehenden Baumaterialien waren allerdings alles andere als optimal: Holzlatten und Segeltuch.
Der Brite Adrian Nicholas baute im Jahr 2000 Leonardos Fallschirm nach und ließ sich damit in Südafrika von einem Heißluftballon in eine Höhe von 3000 m ziehen. Der Fallschirm funktionierte tatsächlich. Nicholas klinkte sich allerdings in einer Höhe von 600 m aus, um nicht bei der Landung von dem 85 kg schweren Gerät erschlagen zu werden und landete anschließend mit einem modernen Ersatzfallschirm.
Damit ist erwiesen, dass Leonardos Idee grundsätzlich funktionieren würde.
So habe ich mir auch auf dem Fallschirm- bzw. Flugsektor, von dem Leonardo so gefesselt war, (nach mehreren Crashs) etwas einfallen lassen, um die Sicherheit beim Drachen- und Ultraleichtfliegen zu verbessern:
- Ein blitzschnell sich öffnendes Notrettungssystem für Hängegleiter und Ultraleichtlugzeuge, das auch in geringer Flughöhe noch wirkungsvoll zum Einsatz gebracht werden kann.
- Ein Bremsfallschirm zur Steuerung des Gleitwinkels eines Hängegleiters oder Ultraleichtflugzeuges, um während des Landeanfluges im Notfall, d.h. vor einem Hindernis, die Gleitphase verkürzen zu können.
- Fluggeräte
Leonardo besaß auch die außerordentliche Gabe der raschen Beobachtung, so dass er die Flugbewegungen von Vögeln in seinen Zeichnungen mit der Genauigkeit einer Kamera festhalten konnte. Im Codex Atlanticus finden sich auch Überlegungen zur Aerodynamik:
"Warum der Vogel sich in der Luft hält. Je rascher die Luft von dem Beweglichen geschlagen wird, umso stärker verdichtet sie sich. Dies, weil die Luft ein Körper ist, der sich selbst verdichten kann, wenn er von einer Bewegung getroffen wird, die schneller ist als seine eigene Flucht, und er sich in der umgebenden Luft gleich einer Wolke zusammenzieht, das heißt zu jener Dichte...
Doch wenn der Vogel im Wind ist, kann er sich auf diesem halten , ohne die Flügel zu schlagen, weil die Funktion, die der bewegte Flügel der unbewegten Luft gegenüber hatte, nun die Luft gegenüber dem unbewegten Flügel übernimmt."
In annähernd 160 Skizzen und einer fast 5000 Seiten umfassenden Niederschrift sind seine ersten mechanischen Experimente zu Gleitfluggeräten, Schlagflügelapparaten und Hubschraubern festgehalten. Er war fest davon überzeugt, dass es einem Menschen möglich sein müsste, sich allein mit Hilfe der Muskelkraft seiner Arme und Beine in die Luft zu erheben.
In der Tat gelang es dann auch 1934 dem Berliner Ingenieur Engelbert Zaschka, mit einem Muskelkraft-Flugzeug in Berlin-Tempelhof ohne fremde Starthilfe Schwebeflüge von 20 m Länge durchzuführen.
Auch Leonardos Idee eines muskelkraftbetriebenen Hubschraubers kam Jahrhunderte später zur Verwirklichung: Am 10.09.1989 erreichte der erste durch Muskelkraft angetriebene Hubschrauber Da Vinci III der California Polytechnic State University eine Flugdauer von 7,1 Sekunden und eine Höhe von 20 cm.
Seit dem 13.06.2013 liegt der Rekord für Muskelkraft-Hubschrauber bei einer Flugdauer von 64,11 Sekunden und einer Höhe von über 3 Metern, aufgestellt von einem Team der Universität Toronto.
Obwohl bei Leonardos Hubschrauber-Luftschraube das Problem des Gegendrehmoments nicht gelöst ist, hat sich somit herausgestellt, dass ein muskelkraftbetriebener Hubschrauber funktionieren kann.
Leonardo sah die Zukunft des muskelkraftbetriebenen Fliegens im Schlagflügelantrieb. Vielleicht wird sich auch diese Flugmethode irgendwann einmal realisieren lassen - zumindest auf dem Drohnensektor kommt sie ja bereits erfolgreich zum Einsatz.
Leonardos Traum vom Fliegen erltt 1505 einen Rückschlag, als er am Monte Ceceri bei Fiesole, in der Nähe von Florenz, Flugübungen mit einem Gleitfluggerät durchführen ließ. Die Versuche scheiterten jedoch - wohl aufgrund ungeeigneter Materialien - und er notierte in seinem Manuskript "Codex über den Vogelflug", dass sich sein Assistent Tomaso Masini dabei ein Bein und mehrere Rippen brach.
Otto Lilienthal lässt grüßen...
Ob nun Leonardo auch selbst Flugversuche unternommen hat, darüber kann man nur spekulieren, zumindest hat er seine Sehnsucht nach dem Fliegen-Können schriftlich zum Ausdruck gebracht:
"Wenn du das Fliegen einmal erlebt hast, wirst du für immer auf Erden wandeln, mit deinen Augen himmelwärts gerichtet. Denn dort bist du gewesen und dort wird es dich immer wieder hinziehen."
(Quelle: Repros / Text: "Leonardo - Forscher, Künstler, Magier", S.Fischer Verlag /
davinciausstellung.de / planet-wissen.de / Wikimedia)
Leonardos sehnlichsten Wunsch, fliegen zu können - frei wie ein Vogel, kann ich voll und ganz nachvollziehen. So war auch ich in jungen Jahren davon besessen und begann dann auch sofort mit dem Drachenfliegen, als diese Sportart in den 70er Jahren zu uns nach Europa kam. Damit wurde ich wohl auch eine Art Flugpionier, zumindest bei uns im ostbayerischen Raum, stand bei Flugwettbewerben des Öfteren auf dem Siegertreppchen und legte sogar die Drachenfluglehrerprüfung ab. Später praktizierte ich dann auch noch das Gleitschirmfliegen und das Fliegen mit einem Ultraleichtflugzeug, gleichfalls faszinierende Flugsportarten. Allerdings schulde ich in diesem Zshg. auch meinen Schutzengeln großen Dank, die mir immer zuverlässig zur Seite standen und mich bei Crashs vor größeren Verletzungen bewahrten. Offensichtlich ebenfalls passionierte Flieger...
Die Vögel sind - wie wir Menschen - Lebewesen mit zwei Beinen. Diese laufen jedoch nur dann, wenn es unbedingt sein muss und bewegen sich stattdessen lieber fliegend fort. Sie werden schon wissen warum...
Auch habe ich mir mal - wie Leonardo - Gedanken über neuartige Fluggeräte gemacht. In diesem Fall handelt es sich um einen sehr einfach gestalteten Ultraleichthelikopter mit Gewichtskraftsteuerung.
Auch bei dieser Variante ist keinerlei Drehmomentausgleich erforderlich.
Mein waghalsigster und zugleich faszinierendster Flug mit einem Hängegleiter: In der Schweiz vom Piz Gloria, mit 2970 Metern sogar noch 8 Meter höher als die Zugspitze und bekannt aus dem James-Bond-Film "Im Geheimdienst Ihrer Majestät", vorbei an Jungfrau (im Hintergrund), Mönch und Eiger nach Lauterbrunnen (ca. 20 km). (Anfang der 80er Jahre)
Frei nach Luis Trenker: "I muass abi vom Berg...!"
(Foto: H. Fenzl)